Der Tee-Weg, japanisch Chado, bei uns meist japanische Teezeremonie genannt, ist Erkenntnis-Weg und Gesamtkunstwerk zugleich. Nach so wichtigen Wegbereitern wie Murata Jukô und Takeno Jôô, fand der Tee-Weg seinen Höhepunkt und seine deutlichste Ausprägung unter dem Teemeister Sen Rikyû (1522-1591), auf den sich die meisten der heute existierenden japanischen Teezeremonie-Schulen gründen.

Nach Rikyû sollten vier wichtige Grundsätze beim Ausüben des Tee-Weges beachtet werden: Harmonie Wa - des Gastes mit dem Gastgeber, aber auch die Harmonie mit der Natur, die zu einem tieferen Verständnis für die Vergänglichkeit der Dinge führen sollte. Hochachtung Kei - gegen andere, aber auch gegen alltägliche Dinge. Reinheit Sei - mit der äußerlichen Reinigung sollte auch eine Läuterung des Geistes einhergehen. Und Stille Jaku - Ruhe und Gelassenheit gegenüber weltlichen Dingen.

Rikyû betrachtete den Tee-Weg wie Jukô als einen spirituellen Schulungsweg und legte besonderes Gewicht auf Einfachheit. Zum zentralen Ideal wurde der von Jôô in die Teekunst eingeführte Begriff Wabi. Auf die Lehren des Zen bezogen bedeutet Wabi, sich durch das Alltägliche oder Ärmliche der Vergänglichkeit des irdischen Daseins bewusst zu werden und sich im Geiste von der Anhaftung daran zu befreien, um schließlich die Erleuchtung zu erlangen. In der Teekunst nun entwickelte sich unter verschiedenen Einflüssen wie Zen und Dichtkunst eine Wabi-Ästhetik, in der man das Schöne in der Unvollkommenheit, Einfachheit und Natürlichkeit sucht. Dabei folgt die Zubereitung und das Entgegennehmen des grünen, zu Pulver zermahlenen Tees genau festgelegten Regeln.

Der Tee-Weg (Chado) wurde so einer der Wege des Zen-Buddhismus und vereinigt nebeneinander Aspekte der Kunst, Moral, Philosophie, als auch der religiösen Praxis. Durch das Begehen dieses Weges strebt der "Teemensch" nach Harmonie mit der Natur, ja mit dem Absoluten selbst. Als Gesamtkunstwerk hat die Tee-Kunst viele ästhetische Bereiche Japans integriert und neu gefasst: Keramik, Kalligraphie und Tuschmalerei, Blumenkunst, Architektur, Gartenkunst, Duftkunst sowie Kochkunst. Der Tee-Weg konnte sich in Japan seit dem 15. Jh. als eigenständige Kunstform durchsetzen und war zu bestimmten Zeiten fester Bestandteil der Etikette des Adels und der Samurai. Heutzutage ist der Tee-Weg weltweit verbreitet und wird allgemein als traditioneller Ausdruck japanischer Kultur betrachtet.

Urasenke ist eine der bekanntesten Traditionen des Tee-Wegs in Japan und eine von drei Familienlinien, die, nunmehr in 16. Generation, direkt auf den großen Tee-Meister Sen Rikyû (1521-1591) zurückgehen. Hôunsai Sôshitsu, Großmeister der Urasenke Schule in 15. Generation, machte nach dem zweiten Weltkrieg den Tee-Weg im Ausland als Ausdruck traditioneller japanischer Kultur bekannt. Sein Leitmotiv dabei war: "Frieden durch eine Schale Tee!".